Storytelling 2.0: Allianz Deutschland zeigt, wie es nicht geht

Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt! Noch in meinen letzten Beiträgen singe ich ein Loblied auf unsere Brave New Social Media World. Ich berichte, welche Möglichkeiten zum Dialog sich im Web auch für Unternehmen bieten. So von Mensch zu Mensch und so, Ihr wißt schon. Und dann das. Der Kunde und Interessent als Dummkopf? Was bietet mir der offizielle Allianz ‚Social Media Communicator‘ denn da an? Pseudo-Authentizität und Fake-Spontaneität. Ein Affront gegen jedes ehrliche Social Media Management. Sozialmediale Botschaften aus dem Kühlfach – da war mir die virtuelle Anna vom gelben Möbelhaus noch lieber…

Warum auch immer landete ich auf dem deutschen Twitter-Account der Allianz. Hier twittert ganz offiziell Markus Walter als ‚Social Media Communicator‘ für das Unternehmen. Über den Account werden beinah ausschließlich Links verschleudert. Nun gut, Customer Relations könnten anders funktionieren. Tun sie aber nicht. Dabei wurde das Social Media Team des Allianz Konzerns vom PR-Magazin voriges Jahr noch als „Möglichmacher“ und Vorreiter gepriesen. Wenigsten habe ich durch Name und Foto den Eindruck, hier schreibe ein Mensch. Das soll ich jedenfalls glauben. Ich überfliege Werbebotschaft für Werbebotschaft und stoße auf einen Tweet, der mir ins Auge fällt. Ich werde angesprochen:

Allianz Tweet %22Im Wagen vor mir fährt...%22

Oha! Es scheint also doch eine Person zu twittern. Und auch noch ganz engagiert von unterwegs… Gut, ich klicke. Und lande auf dem mehr oder weniger privaten Facebook-Profil des Social Media Communicators. Da es sich ganz offensichtlich nicht um ein privates Profil handelt, zeige ich Euch gleich ein interessantes Posting.

Ich muss noch etwas klären: Persönliche Profile oder Namen würde ich hier nicht zeigen, Investigation ist nicht mein Metier. Deswegen setze ich auch keinen Link – wer finden will, findet. Aber warum führt ein offizieller Tweet des ‚Social Media Communicators‘ überhaupt auf ein Profil? Die Allianz hat doch eine gut gepflegte offizielle Facebook-Seite. Offensichtlich ist das Profil des Communicators nicht persönlich, sondern vielmehr der geschäftliche Auftritt in seiner Funktion als ‚Social Media Communicator‘. Warum dieser vom offiziellen Twitter-Account mit Traffic versorgt wird, bleibt fraglich.

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Posting vom 5. Juli 2013 auf dem Profil des Social Media Communicators

Zurück zum Posting: Hier ist zu lesen, dass vor ihm ein Wohnmobil fährt. Es entsteht bei mir der Eindruck, als hätte der Allianz ‚Social Media Communicator‘ ganz zufällig einen ehemaligen Mitarbeiter getroffen. Der Mitarbeiter genieße inzwischen seinen Ruhestand und bedankt sich herzlich beim Unternehmen. Wie süß! Darunter sogleich ein Link „zum Thema Lebensversicherung“. Der Social Media Communicator scheint seinen Job wirklich zu leben, tut er seine Freude sogleich über den offiziellen Twitter-Account und sein Facebook-Profil kund.

Ist das glaubwürdig? Nein, ist es nicht. Ein spontaner Tweet, ein spontanes Posting sieht anders aus. Ein Werbe-Link „zum Thema Lebensversicherung“ hätte auch gern weggelassen werden können.

Warum fühle ich mich nun aber so veralbert? Beim Blick auf das Foto fällt etwas auf: das Datum. 17/11/2011. Ach so, „Im Wagen vor mir fährt…“. Soso. Habe ich hier die Pointe verpasst? Habe ich etwas falsch verstanden? Sind Tweet und Facebook-Posting so gar nicht ernst zu nehmen?

Allianz Originalbeitrag

Posting vom 5. Juli 2013 auf der offiziellen Allianz-Seite

Es kommt noch dicker. Im Posting steht, dass es von der Facbook-Seite der Allianz geteilt wurde. Hä, ich denke, Markus Walter hat den Glücklichen grad getroffen. Also klicke ich dorthin. Hier findet sich am selben Tag ein nahezu identisches Posting, lediglich der ‚persönliche Text‘ fehlt.

Gut, dann war das mit dem „Im Wagen vor mir fährt…“ tatsächlich nur ein Witz. Wie naiv von mir.

Ich schaue also in die Kommentare, denn an Aktion mangelt es hier auf der offiziellen Facebook-Seite nicht. Hier finde ich den Text, der unter dem Namen des ‚Social Media Communicators‘ verfasst wurde. Jedoch – eine halbe Stunde später – als Antwort auf eine ‚Fan-Frage‘ und unterzeichnet mit ‚René‘. Wer hat es nun geschrieben, der Communicator oder der Community-Pfleger? Ich unterstelle insgeheim: „Hey Leute, lasst uns mit Namen Twittern und Posten, das kommt besser rüber. Identifikation und so. Storytelling! So läuft das im Web 2.0.“ Nutztier Glaubwürdigkeit? Vielleicht bin ich ja auch nur zu empfindlich…

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Kommentar auf der offiziellen Allianz-Seite

Nein, so ist das mit den Online Relations nicht gemeint. Authentizität ist nicht die eierlegende Wollmilchsau der PR 2.0. Kein Unternehmen muss Social Media in letzter Konsequenz leben. Kein Unternehmen muss mit Namen und Gesichtern ins soziale Netzt. Kein Unternehmen muss Zielgruppen als Dialoggruppen denken. Doch: Ganz oder gar nicht! Was die Allianz Deutschland AG auf Facebook (ich meine die offizielle Seite) und Co. so treibt, ist doch ganz passabel. Warum also solche peinlichen Tweets? Wozu pseudo-private Profile? Gut, würde ich mich für mein Unternehmen unentbehrlich machen wollen, wäre dies vielleicht ganz geschickt – Jobsicherung 2.0? Doch es nützt weder dem Unternehmen, noch dem Nutzer. Glaubwürdiger machen solche Aktionen die Branche nicht. Das ist schade, denn ehrlich, es geht auch anders!

Oder habe ich hier einfach etwas missverstanden? Markus Walter aka Social Media Communicator, Sie können es mir gern erklären! So von Mensch zu Mensch meine ich…

Franziska

Nachtrag: Ehrensache! Gleich heute Morgen hat sich Markus Walter bei mir gemeldet und wir haben ein ziemlich offenes und damit erhellendes Gespräch geführt. Das ‚Gespräch‘ gibt es dann im Laufe dieser Woche. Hier… nun sein Gastbeitrag.

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3 Kommentare
  1. Nein, es ist eigentlich nicht zum Lachen, mit was für einer Einfältigkeit die Allianz hier ihre Kunden für dumm verkaufen will bzw. es auch tut – aber ich musste doch Schmunzeln. Ein Thema, das mich persönlich sehr ärgert aber so toll verpackt ist, dass ich mich für den Lesespaß fast bei der Allianz / Markus Walter für den Gau bedanken müsste ;-).
    Was ich natürlich nicht tun werde!
    Dafür bedanke ich mich lieber bei der Autorin für’s Ausgraben, Hinterleuchten und in Form bringen:
    Vielen Dank Franziska für den unterhaltsamen Beitrag und sonnige Grüße
    Sisa

  2. Hallo Sisa!
    Lieben Dank! Mich hat das so richtig aufgeregt… Dabei ist es doch ganz einfach: Behandel die Menschen so, wie Du selbst behandelt werden möchtest. Um es ganz ernst zu nehmen, war es mir zu bitter.
    Liebe Grüße
    Franziska

  3. Hallo Frau Kümmerling,

    es freut mich, dass Sie auf die Social Media Aktivitäten meines Arbeitgebers, der Allianz Deutschland AG, aufmerksam geworden sind – auch wenn Sie der erste Eindruck offenbar noch nicht überzeugt hat.

    Gerne können wir uns einmal persönlich darüber unterhalten. Denn, das kann ich Ihnen an dieser Stelle schon versichern: Ich bin ein Mensch aus Fleisch und Blut. Die von Ihnen erwähnten Social Media Accounts pflege ich höchstpersönlich und kommuniziere darin auch ganz eindeutig, dass ich dies in meiner beruflichen Funktion als Social Media Communicator tue.

    Insofern hätte ich mich auch sehr darüber gefreut, wenn Sie sich vor dem Verfassen Ihres Blogbeitrags mit mir in Verbindung gesetzt hätten – denn so ganz unvorbereitet und ohne die Möglichkeit, sich selber zu äußern, liest man seinen Namen dann doch nur ungern in einer kritischen Würdigung. Ob nun als Mitarbeiter eines Unternehmens oder als Privatperson – hinter beidem steckt ein Mensch.

    „Im Wagen vor mir fährt…“ ist übrigens eine Anspielung auf einen Schlager aus den 1970er Jahren (der später auch von den „Toten Hosen“ gecovert wurde). Eher ein Stilmittel also denn ein Verweis auf eine tatsächlich in Echtzeit gemachte Entdeckung. Ihr Blogbeitrag zeigt mir aber, dass dieses Zitat offenbar nicht deutlich genug erkennbar ist.

    Viele Grüße aus München

    Markus Walter

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