Interview mit dem Satiricus Christian Schmidt: „Braindead Love“
Interview – Satire
Nun gleich und ohne Umwege zum Rest des Interviews mit Christian Schmidt. Über sein Leben und Arbeiten könnt Ihr hier noch einmal lesen.
Einstieg: Wie bist Du zum Schreiben gekommen?
Ich wusste schon als Kind, dass ich irgendwann gerne Autor sein möchte. Ich habe gerne gelesen und dank meiner ebenfalls sehr belesenen Familie gehörigen Respekt vor Büchern quasi in die Wiege gelegt bekommen. Ich hab damals häufig kurze Geschichten geschrieben, die fast nie jemand außer mir lesen durfte. Irgendwann, so dachte ich, würde ich gut genug schreiben können, um auch eine Buchveröffentlichung zu verdienen. Insofern ist das Schreiben für mich zwar inzwischen Beruf, aber auch die Erfüllung eines Kindertraums.
Profession: Was heißt es für Dich, Autor zu sein?
Ich schreibe Texte, die andere lesen können. Wer nicht schreibt, sondern immer nur davon redet, irgendwann schreiben zu wollen, der ist kein Autor. Man ist aber auch kein echter Autor, wenn man nur für sich schreibt. Ich glaube, das ist der Kernpunkt: Als Autor schreibt man Texte für ein Publikum. Heutzutage ist es dank des Internets ja viel einfacher, ein Publikum zu finden.
Lokalisation: Wie und wo schreibst Du?
Ich lümmele oft auf dem Sofa herum und tippe auf dem Laptop, oft sitze ich aber auch ganz artig am Schreibtisch und tippe auf dem großen Computer. Anders als viele andere Autoren brauche ich keine absolute Ruhe, es macht mich eher nervös, wenn alles still ist. Also läuft nebenbei Musik oder ein Video. Trotzdem schreibe ich längere Texte immer in der Nacht, weil ich dann weniger Ablenkung habe. Ich glaube, ich kann die Kapitel meiner Bücher, die ich bei Tageslicht geschrieben habe, an einer Hand abzählen. Auf Papier schreibe ich so gut wie nie, aber ich drucke die Texte später immer aus, weil ich Fehler leichter entdecke, wenn sich das Medium ändert.
Was mir immer wieder auffällt, wenn ich von anderen Schriftstellern lese: Ich überarbeite meine Texte relativ wenig. Ich verbringe viel Zeit damit, sie in meinem Kopf auszuformen, also sind sie schon recht ausgefeilt, wenn ich sie dann schließlich schreibe. Wenn ein Satz nicht funktioniert, ändere ich ihn meistens schon direkt, nachdem ich ihn getippt habe. Sollte ich beim Schreiben das Gefühl haben, dass dem Text etwas fehlt, lege ich ihn meistens weg und lasse ihn einige Wochen lang in Ruhe. Wenn ich ihn dann wieder hervorhole, merke ich leichter, woran es ihm mangelt. Auch dann überarbeite ich ihn allerdings nicht, ich schreibe ihn eher komplett neu und benutze den alten Entwurf als Inspiration.
Organisation: Wie sammelst und organisierst Du Deine Gedanken, bevor Du sie ‚aufs Papier‘ bringst?
Ich habe auf dem Desktop eine Textdatei, die ich rasch öffnen kann und so alle Ideen, Textfragmente und Geistesblitze festhalten kann, sobald sie mir in den Sinn kommen. Das funktioniert natürlich nur, wenn ich am PC sitze. Unterwegs muss dann halt das Smartphone als Notizbuch herhalten, ich habe mir aber auch schon Stichpunkte mit Kugelschreiber auf den Arm gekritzelt. Am Ende landet aber alles in dieser Datei. Wenn ich ein größeres Projekt (wie etwa ein Buch) habe, dann sammle ich diese Ideen in einer eigenen Datei. Regelmäßig gehe ich diese Dateien durch, räume sie auf, schreibe neue Gedanken hinein, die mir beim Lesen kommen, und benutze sie dann als Vorlagen.
Fünfsatz: Worum geht es in „Braindead Love“?
In „Braindead Love“ geht es um ein junges Mädchen, welches zu ihrem Vater in die Provinz zieht und sich in einen geheimnisvollen Jungen verliebt, während rätselhafte Todesfälle für Unruhe sorgen. Falls das ein bisschen nach „Twilight“ klingt, dann mit gutem Grund: Es ist eine Parodie auf solche Romane, die sich im Laufe der Geschichte aber vom Vorbild entfernt und Fabelwesen behandelt, die in „Twilight“ nicht vorkommen. Als Parodie nimmt sich die Reihe natürlich selbst nicht allzu ernst, man wird also beim Lesen hoffentlich viel zu lachen haben. Bisher ist ein Band erschienen, geplant sind insgesamt vier: „Breakfast“, „Lunch“, „Dinner“ und „Midnight Snack“.
Motivation: Wann und wie kam die Idee zu „Braindead Love“?
Ich hatte auf Klopfers Web angefangen, die Twilight-Filme zu verreißen, als meine damalige Freundin mich vor etwa eineinhalb Jahren auf die Zombieserie „The Walking Dead“ aufmerksam machte. Bella, die Hauptfigur von Twilight, sollte ja für selbstbewusste Mädchen ein rotes Tuch sein, da sich das Mädchen allein über ihre Beziehung zu einem Jungen definiert. Darüber hinaus hat ein normaler Junge keine Chance bei ihr, es muss unbedingt eine Art Superwesen sein, ob jetzt Vampir oder Werwolf. Gerade ihre Wahl für Edward war etwas merkwürdig, immerhin ist der Mann eiskalt (wortwörtlich), ein Stalker, wirkt dennoch immer etwas distanziert, sieht selbst dann leidend aus, wenn er nach eigener Aussage glücklich ist – und er war auch noch kurz vorm Kotzen, als er Bella zum ersten Mal sah. Oh, und er muss sich ständig bremsen, weil er sie fressen will.
Meine Freundin und ich alberten dann etwas herum und stellten fest, dass Bella so hohl war, dass sie wohl auch eher einen Zombie zum Freund nehmen würde als einen normalen menschlichen Jungen, einfach nur, weil der Zombie etwas Besonderes wäre und etwas von dieser Besonderheit auf sie abstrahlen würde. Diese Grundidee faszinierte mich, ich dachte daran, eine Kurzgeschichte daraus zu machen, aber weil ich noch keine klare Idee hatte, wohin sich diese Geschichte entwickeln sollte, lag sie gute neun Monate als Datei auf meinem Desktop herum. Im Spätsommer/Herbst letzten Jahres fing ich dann an, mir die Geschichte genauer zu überlegen und weitere Figuren zu entwerfen. Dabei war relativ schnell klar, dass die Sache für eine Kurzgeschichte zu umfangreich war. Ich hatte das Ziel, das Projekt Ende November bei einer Lesung zu präsentieren, also entschied ich mich, es in mehreren Teilen zu veröffentlichen, wobei Band 1 eben zu dieser Lesung fertig sein sollte. Das klappte auch; das Buch war in gut sieben Wochen geschrieben. Meine ersten drei Bücher habe ich über Books on Demand veröffentlicht, weil ich die Freiheiten mag, die ich dann im Bezug auf Titel und Einbandgestaltung habe. Dieses Mal habe ich mich aber entschlossen, auch den Verkauf selbst zu organisieren, weil das Buch so günstiger wurde. Eine Druckerei beliefert mich mit den Büchern, die ich dann direkt über meine Website verkaufe. Eine Ausnahme ist Amazon, wo man „Braindead Love“ ebenfalls bestellen kann; dort werden die Bücher über Amazons eigene Druckerei CreateSpace gedruckt. Außerdem gibt es „Braindead Love“ sowohl bei mir auf Klopfers Web als auch im Kindle-Shop in E-Book-Form.
Bewerbung: Wie gehst Du mit Reaktionen auf Deine Buchprojekte um?
Es ist wohl eines der schönsten Gefühle der Welt, wenn man lange an etwas gearbeitet hat und dann begeisterte Reaktionen kommen. Ich kann kaum in Worte fassen, wie glücklich mich das macht. Gar nicht selten bekomme ich auch Dankesbotschaften von Menschen, die wegen einer Trennung oder sonstigen Schicksalsschlägen furchtbar traurig waren und durch Klopfers Web oder meine Bücher aufgeheitert wurden und wieder ein bisschen fröhlicher in die Welt sehen konnten. Das rührt mich auch ungemein und motiviert mich wahnsinnig zum Weitermachen. Kritik kommt natürlich auch, und ich muss leider zugeben, dass sie mich mehr bekümmert als sie sollte, egal ob sie konstruktiv ist oder nicht. Eine einzige vernichtende Mail kann mich, so unsachlich sie auch ist, noch wochenlang runterziehen. Ich bin aber durchaus dankbar über wirklich konstruktive Kritik, die dafür sorgt, dass ich mich verbessern kann. Manchmal ist es einfach eine Geschmacksfrage, da muss man auch den Mut haben, zu seinen eigenen Vorstellungen zu stehen und sich nicht jedem Einwand zu beugen. Wer sich bloß nach dem richtet, was andere wollen, kann sich nicht selbst verwirklichen. Es ist schließlich unmöglich, jeden Geschmack zu bedienen.
Austausch: Wer sind Deine Ansprechpartner rund um Deine Buchprojekte?
Ich suche mir oft ein paar Freunde, die zumindest zum großen Teil die Bücher vor Veröffentlichung schon einmal lesen dürfen. Da ich ansonsten alles selbst mache, kriege ich so oft wertvolle Rückmeldungen und werde auch auf einige Fehler hingewiesen. Nicht zuletzt motivieren mich diese Rückmeldungen, die Projekte fortzuführen. Für die Einbandgestaltung beauftrage ich oft befreundete Zeichnerinnen. Die bezahle ich dann aber auch für ihre Arbeit.
Gretchenfrage: Wie hältst Du es mit Social Media Aktivitäten und passen Buch und Social Web zusammen?
Eine ausführliche Antwort auf diese Frage habe ich Euch bereits vorgestellt. hier…
Eigenwill: Welche Frage müsste ich Dir unbedingt stellen? Und was würdest Du darauf antworten?
„Was sind deine nächsten Projekte?“
Als nächstes stehen bei mir Fortsetzungen an. Derzeit arbeite ich am zweiten Band meines psychologischen Sachbuches „Sexpanzer und Babytod – Wie wir uns manipulieren lassen“, welches hoffentlich noch in diesem Halbjahr fertig sein wird und im Sommer erscheinen kann. Direkt danach geht es an den zweiten Teil von „Braindead Love“. Dazwischen gibt es natürlich ständig neue Inhalte auf Klopfers Web, damit die Wartezeit auf die Bücher nicht zu lang wird.
Und hier geht es direkt zum Autor:
Blog: http://www.klopfers-web.de
Twitter: http://twitter.com/klopfersweb
Wer Christian Schmidt aka Klopfer live sehen möchte, der hat dazu am 4. Mai in Düsseldorf die Gelegenheit. Klopfer liest – „Endlich im Westen!“.
Leseprobe aus: „Braindead Love“
Abschied
Victoria genoss den Fahrtwind auf ihrer Haut, während ihre Mutter den Wagen über den Highway lenkte. Ihr Blick fiel auf die Wüstenlandschaft links und rechts, die so typisch für Arizona war. Gelegentlich sah sie einen Kaktus, mal auch eine sterbende Kuh. Heimatgefühle kamen in ihr auf. Die Einsamkeit dieser Gegend weckte in Victoria immer eine besondere Vertrautheit – nicht nur, weil sie am Rand der Sonoran-Wüste aufgewachsen war, sondern weil sie auch in ihrem Kopf häufiger so eine Leere spürte, insbesondere dann, wenn sie kein Geld mehr zum Shoppen hatte und somit nichts weiter zu tun war. Victoria blickte an sich herab. Sie trug ihre Lieblingsbluse, ärmellos, mit weißer Lochspitze, ansonsten brutalpink mit kleinen, abgesetzten Details in Lungensteckschussrot, mit grünen Nähten und Perlmuttknöpfen, dazu blaue Bommeln auf den Schultern. Als Victoria diese Bluse zum ersten Mal ihrer Mutter zeigte, war diese sehr stolz, dass Victoria offenbar auch in Blindenwerkstätten einkaufte, und Victoria brachte es nicht übers Herz, sie mit der Wahrheit zu enttäuschen. Victoria gefiel ihr Outfit jedenfalls – besonders in Verbindung mit der schwarzen Jeans, die sie gerade trug. Die wurde bei der brennenden Wüstensonne zwar immer bullig warm und sorgte dafür, dass Victorias Unterleib vor Schweiß triefte, aber Victoria stand zu ihrer Transpiration ebenso selbstbewusst wie zu ihrem Klamottengeschmack.
Der BMW rauschte unablässig über den Asphalt, dem Flughafen immer näher. Victoria atmete durch. Am Abend würde sie bereits bei ihrem Vater im Nordwesten der USA sein, wo es immer dunkel war und oft regnete. Sie konnte sich noch nicht so recht vorstellen, wie das Leben dort sein würde. In Arizona veranstaltete man oft Barbecues, betrank sich und schoss dann auf illegale Einwanderer aus Mexiko, bevor man sich einen Sexualpartner mit mehr oder weniger hohem Verwandtschaftsgrad suchte und dann den Rausch ausschlief. Im Bundesstaat Washington war es dagegen bestimmt zu kühl für Barbecues. Ob sie sich wenigstens in der Schule gut einleben würde? mehr…
Ich mache es beier Textarbeit genauso wie Klopfer – ich überarbeite meine Texte entweder direkt beim Schreiben oder (fast) nie. Ansonsten bleibt noch zu sagen, dass Klopfer einer der talentiertesten Autoren auf dem Planeten ist und ich alle weiteren Bücher von ihm kaufen werde. 🙂
Bei mir ist das mit dem Schreiben immer recht zweiseitig – einerseits weiß ich einige Dinge, die ich schreiben möchte, ziemlich genau und habe sogar schon einige Formulierungen im Kopf. Auf der anderen Seite entsteht dann sehr vieles erst beim Schreiben. Dann habe ich gelegentlich noch beim Schreiben des Textes Erkenntnisse, über die ich vorher gar nicht nachgedacht hatte – und die ich dann auch in den Text einbringe. Im Grunde ist das Schreiben für mich also ein halber Denkprozess.
(Das ist also eine sehr faszinierend klingende Formulierung für „Eigentlich schreibe ich bloß drauf los und mache mir vorher nur zur Hälfte Gedanken“. :D)
Das war ein sehr interessantes Interview, vielen Dank dafür! 🙂