Sagen Sie jetzt nichts: Wie Verlage und Autoren Pinterest nutzen können

Noch weit von US-amerikanischem Niveau entfernt, erfreut sich Pinterest in Deutschland zunehmender Beliebtheit. Inzwischen haben Verlage wie Piper, Kohlhammer oder Loewe den Weg ins digitale Bilderbuch gefunden, O’Reilly und Verlag 3.0 sowieso. Die Gewinner des Trends vom Buch hin zum Bilderbuch sind die Autorinnen und Autoren. Weil bei Pinterest nichts unter der Markise von Mehrheitsmeinung und Massenkäuferschaft steht, kann in und mit der digitalen Pinnwand gezeigt werden, was sonst nicht unter den Druckkostenzuschuss fällt. Qualität: einmal mehr im Auge der Betrachter.

Pinterest Screenshot Buchautoren

Bei Pinterest darf ein Autor auch mal Schweigen zeigen und schweigend zeigen. Konzentriert sich sonst meist alles auf das Schreiben, so herrscht bei Pinterest im Grunde Redeverbot. Hier ergänzt das Wort das Bild. Das Bild ist nicht nur Illustration, sondern Augenfänger per Seh. Der Leser als Homo videns – warum auch nicht! Rund ums Buch gibt es soviel mehr zu sagen, als geschrieben werden kann. Warum also immer nur Schwarz-Weiß. Autorinnen und Autoren können auf Pinterest die Buchbranche ein bisschen bunter machen, mit Pinsel statt Pencil die gedachten Gedanken skizzieren – Fotoapparat und Scanner tun es auch. Schon eine Idee zum Buch kann so reifen, ohne den Hoheitsbereich der Verlage auch nur anzutasten. Der gläserne Autor muss es deswegen noch lange nicht sein.

Profitieren von diesen Möglichkeiten letztlich nicht auch die Verlage? Statt allein die Buchcover der Neuerscheinungen ordentlich aneinanderzureihen, gibt’s rund ums Buchprojekt viel zu zeigen. Wer sich als Autorin oder Autor geschickt und kreativ an Pinterest wagt, der kann nur gewinnen. Ein Mindestmaß an Professionalität versteht sich von selbst: Nein, die REWE-Tüte im Hintergrund des eigenen Porträts, das ist nicht nur authentisch, sondern auch belanglos. Eine Autorin, ein Autor ist nun einmal eine Marke und Marken wollen gepflegt werden. Es geht nicht darum, auf dem Jahrmarkt der Eitelkeit zu wetteifern, es geht um Präsenz mit Mehrwert. Worin dieses Surplus bestehen könnte, das kann und muss jeder für sich selbst entscheiden. Ein Werk ist mehr als Buchstaben auf dem Papier und ein Autor ist mehr als ein Schreiber.

Zu gern denke ich an die Interview-Reihe des SZ Magazins „Sagen Sie jetzt nichts“: Waren kleine Gesten als Antworten jemals sympathischer anzusehen? Gut, eine konzentriert arbeitende Autorin mit Bleistift im Dutt wird nicht gleich zum Hochglanzmodel und der Autor nicht zum Charakterdarsteller, doch so ein bisschen visuelles Flair, ja, das ist drin. In solchen Bildformaten steckt eine Welt der Möglichkeiten für das Buch. Fotos von unaufgeräumten Schreibtischen und Scans von Mindmaps – wer könnte da widerstehen. Ein Buchprojekt entsteht selten allein im Autorenkopf – wo ist die Landkarte von Utopia, wo die Quittung vom Stilbruch? Leser und Gucker macht sowas doch neugierig. Kreativität über dem Seitenrand.

Wenn auch die Reichweite von Pinterest in Deutschland noch überschaubar ist, der gemeine Autor 2.0 weiß um sein Millionenpublikum: Mehr oder weniger individuell werden Leserinnen und Leser gehegt und gepflegt, informiert und gefragt. Wieviel Herzblut steckt schließlich in jedem Buchprojekt! Im Zeitalter der Plagiate ist Persönlichkeit mit allerlei bezeugtem Zeug doch Honig in der Milch. Also Augen auf und Materialschätze bergen! Duchamp hat es mit seinem Miniaturmuseum vorgemacht. Alles schon auf Blog und Homepage verwurstet? Umso besser, denn Pinterest funktioniert über Backlinks und bringt den Neugierigen auf direktem Wege zurück zum Autor. Also: Sagen Sie jetzt nichts!

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